Schwäbisches Tagblatt17. 11. 2003

Ausgezeichnete Talente und Patente

REUTLINGEN. Dass Handwerk eben doch goldenen Boden hat, bewiesen die Gewinner des diesjährigen Innovationspreises. Zwanzig Betriebe aus dem Kreis Reutlingen hatten ihre Erfindungen bei der Stiftung der Reutlinger Kreissparkasse eingereicht, die sechs besten wurden am Freitagabend in den Räumen der Bank ausgezeichnet.

 

"Gewonnen haben alle", versicherte Eugen Schäufele seinen Zuhörern. Der Vorstandsvorsitzende der Reutlinger Kreissparkasse lobte in seiner Eröffnungsrede in der brechend vollen Schalterhalle seines Hauses die "Leistungen des heimischen Handwerks". Die Teilnehmer hätten erneut ihre Freude am Tüfteln und Erfinden gezeigt. Günther Hecht, Ehrenpräsident der Handwerkskammer Reutlingen, würdigte die Risikobereitschaft der Teilnehmer, die jetzt "die Ernte einfahren" dürften.

 

Dass den Reutlinger Handwerksvertretern die Ideen wohl nie ausgehen würden, davon zeigte sich der Präsident des Landesgewerbeamtes Baden-Württemberg, Friedrich Bullinger, überzeugt. In seiner Ansprache hob er das Engagement der Teilnehmer im "Land der Patente und Talente" hervor und zitierte eine schwäbische Lebensweisheit: "Net schwätza, sondern macha."

 

Offensichtlich hatten sich die diesjährigen Preisträger an dieses Motto gehalten. Herbert Gekeler von der Zimmerei Gekeler in St. Johann-Ohnastetten entwickelte eine Fertigdecke aus Brettstapel und Beton. Dafür kassierte er den mit 5000 Euro dotierten ersten Preis. Das Deckenelement kann in der Halle vorgefertigt werden, hat eine Stützweite von 7, 50 Metern und ist freitragend.

 

Den zweiten Preis, mit einem Scheck in Höhe von 2500 Euro verbunden, überreichten die Stiftungsvorstände Schäufele und Hecht an Rolf und Reinhold König von der Trochtelfinger Firma König Landmaschinen-Nutzfahrzeuge für die Erfindung eines "PKW-Lotsen". Dieser soll das Ankoppeln eines Anhängers oder Wohnwagens erleichtern. Dazu wird an der Anhängerdeichsel eine V-Gabel montiert, die mit Fühlern ausgestattet ist und den Fahrer per Funkübertragung so lange navigiert, bis die Deichselpfanne über der Anhängerkupplung steht.

 

"BELI" war der Jury ein Preisgeld in Höhe von 1500 Euro wert. Der von der Firma BEMOTEC GmbH in Sonnenbühl entwickelte Behindertenlift kann unter Sofa und Bett installiert werden. Durch eine Funksteuerung können behinderte, alte und kranke Menschen ihre Möbel auf die Sitzhöhe des Rollstuhls anheben und sollen sich so problemloser umsetzen können. Die Erfindung ist bereits zum Patent angemeldet.

 

Auch der "painterboy" liegt dem Patentamt vor. Die Jury zeichnete seinen Erfinder Bernd Fromm von der Reutlinger Firma bf-tech mit dem 2500 Euro schweren Sonderpreis "Junges Handwerk" aus. Der Aufsatz für Farbdosen ist aus farbabweisendem Material hergestellt und soll verhindern, dass beim Abstreichen des Pinsels Farbe über den Dosenrand läuft.

 

Ein weiterer Sonderpreis ging an die Reutlinger TINA-Messerfabrik für die Erfindung eines Okuliermessers für Länder mit kontinentalem Klima. Weil sich wegen der kalten Winter und heißen Sommer in Osteuropa die Rinde von Obstbäumen schwerer von der Wachstumsschicht lösen lässt als bei Bäumen in Mittel- und Westeuropa, benötigen die Veredler spezielles Werkzeug. Das prämierte Okuliermesser soll die Veredelung einfacher und schneller machen.

 

Dass auch der Reutlinger Handwerker-Nachwuchs nicht schläft, demonstrierten Christoph Binsch und Maik Berger von der Firma DaimlerChrysler Tübingen-Reutlingen. Binsch und Berger, beide kurz vor der Gesellenprüfung zum Fahrzeugmechaniker, erhielten einen Sonderpreis in Höhe von 500 Euro für ein Schnittmodell eines Verbrennungsmotors, welches das Zusammenspiel von Kurbelwelle, Pleuel und Ventilen veranschaulichen soll.

 

Im Anschluss an die Preisverleihung ehrten Schäufele und Hecht die Beiträge der weiteren Teilnehmer. Darunter das mitwachsende Kinderfahrrad der Münsinger Firma Holz-Hoerz, das Kinder auf das Fahrradfahren vorbereiten soll. Leer ging auch das von der Pfronstetter Firma PARAVAN entwickelte kleinste behindertengerechte Auto der Welt aus. Dazu baute sein Erfinder Roland Arnold den Fahrersitz eines Smart city coupés um und setzte eine Verladehilfe ein, die den Rollstuhl greifen und schräg durch die Fahrertür nach hinten in den Kofferraum ziehen soll.